Katholische Polizeiseelsorge NRW 

Polizeiseelsorge auf dem G7-Gipfel 2015

Hier die Eindrücke und Fotos von Georg Hug:


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Als Polizeiseelsorger beim G7 Gipfel

Nach Ende des G7 Gipfels in Elmau gibt es viele Einschätzungen. Die versammelten Politiker haben in ihren Statements die Beratungen und das Zusammentreffen gelobt und zu verschiedenen Fragen Erklärungen abgegeben. Zur Frage des Krieges in der Ukraine, zum Klima, zu Griechenland, zu Epidemien,… Gipfelgegner haben darauf hingewiesen, dass Vieles reine Absichtserklärungen seien und dass die Proteste berechtigt, sinnvoll und wirksam waren. Sie meinten darauf hinweisen zu müssen, dass in der einzigen Situation, in der es zu Zusammenstößen kam, die Eskalation von der Polizei ausgegangen wäre.

Viele hatten befürchtet, dass es zu Zerstörungen und Ausschreitungen, zu vielen Verletzten, kommen würde und sind erleichtert, dass das nicht der Fall war. Andere fragen nach den Kosten, die eine solche Veranstaltung verschlingt und danach, ob dieser Aufwand für das Resultat berechtigt ist. Und würden dieses Geld lieber für andere, „wichtigere“, Dinge eingesetzt sehen.
Horst Seehofer, der bayrische Ministerpräsident, hat die Kosten als gerechtfertigt und gut eingesetzt bezeichnet.
 
Und ich?
Wie erging es mir? ...

Zusammen mit den Polizistinnen und Polizisten aus Baden-Württemberg, die die Teilnehmer, den Ablauf, die Bürger vor Ort und die Demonstranten schützen mussten, bin ich nach Elmau angereist.

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Ich bin froh, dass es ganz wenige verletzte Polizistinnen und Polizisten gegeben hat. Dabei ist für mich eher zweitrangig, ob das am massiven Polizeiaufgebot und der Polizeitaktik, am Ort, oder der Besonnenheit der Polizei und der Gipfelgegner lag. Was ich persönlich nicht nachvollziehen kann ist, dass von Seiten der Polizei Gewalt ausging, wie das Gipfelgegner dargestellt haben. Die Polizei macht ihren Job – und hat ihn aus meiner Sicht unter den nicht leichten Bedingungen - sehr gut gemacht. Die Polizei muss manchmal leider auch Gewalt anwenden, weil nicht alle Demonstranten ihr Recht auf Meinungsfreiheit friedlich ausüben, sondern behindern, belästigen und beleidigen und verletzen. (Für was brauche ich bei einer friedlichen Meinungsäußerung Zaunlatten, Feuerwerkskörper, Messer,… - Warum muss ich mich bei einer friedlichen Meinungsäußerung vermummen?)

Ich bin froh, dass ich wieder zu Hause bin – und die vielen Polizistinnen und Polizisten sicher auch – und das Schlafdefizit, das ich durch den Einsatz hatte, inzwischen wieder ausgeglichen ist. Ich bin froh wieder im normalen Lebens- und Arbeitsrhythmus zu sein.
Unsere Polizeikräfte aus Göppingen hatten nach anfänglich anderen Diensten in der Vorphase des Gipfels nach einer Spätschicht fünf Nachtschichten hintereinander. Nachtschichten von geplant 12 Stunden Dauer; ohne die Anfahrt von jeweils zwei Stunden mitgerechnet. Oder, wenn die Ablösung nicht rechtzeitig durchgekommen ist, noch längerer Dienstzeit. Die Veranstaltung muss ja 24 Stunden geschützt werden.
Ganz wenig Menschen bekommen mit, was das für die Polizistinnen und Polizisten bedeutet. Mir war und ist es wichtig, dass ich das immer wieder einmal miterlebe. Ich bin dankbar, dass mir die Begleitung von Einsätzen von der Polizei immer wieder ermöglicht wird.
Mancher hat mich gefragt, warum ich als Polizeiseelsorger mir einen solchen Einsatz – freiwillig und ganz - antue. Weil es mir wichtig ist bei den (meinen) Polizistinnen und Polizisten dabei zu sein, (auch) aus Solidarität, natürlich auch falls es schwierige Situationen gibt, in denen ich als Seelsorger vor Ort gebraucht werde, aber vor allem, um die Einsatzbelastungen der Kolleginnen und Kollegen zu verstehen. Um zu spüren, mitzuerleben – und nicht nur mir theoretisch zu überlegen was da abgeht, oder Vermutungen anzustellen.

Es ist schwierig die ganze Nacht, im Wald, bei Kälte, strömendem Regen und Gewitter, bei wenig Licht, auf Wanderwegen und Trampelpfaden darauf zu achten, dass niemand, der hier nichts zu suchen hat, das Gelände betritt. Es ist gutes Recht einer Gastgeberin, unsere Kanzlerin, dass ihre Gäste wohlbehalten und unbehelligt hier sein können. Wenn auch die Gastgeberin wohl nicht wirklich weiß, was es heißt eine solche Veranstaltung in einer Gebirgsregion zu organisieren und zu schützen.

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Es hat mich sehr gefreut zu erleben wie motiviert – trotz aller Widrigkeiten (Dunkelheit, Gewitter, Regen, Kälte, vereinzelten Störaktionen, geschotterte, steile Waldwege und Trampelpfade, Bergbäche, steile Abhänge und Schluchten, Mücken und bei Tag stechende Sonne), trotz natürlich zunehmender Müdigkeit und trotz Fragen an die Sinnhaftigkeit und die immensen Kosten – die Polizistinnen und Polizisten ihren Dienst aufmerksam verrichtet haben. Eine Nachbareinheit hat einen Eindringling schnell festnehmen können, wobei der Störer und ein Kollege, vor allem wegen des unwegsamen Geländes, verletzt wurde.

Manches war im Vorfeld überlegt worden (Versorgung, Entsorgung, Aufenthalt, Transport zu den Einsatzorten), aber manches kam dann in der Realität anders, als geplant (auch der Regen und die Gewitter – aber konnte man das in einer Bergregion nicht vorhersehen? Polizeifahrzeuge in einer nassen Wiese abzustellen ist keine wirklich gute Idee und das könnte man vorher wissen. Warum war es nicht möglich Unterstände für die Polizisten zu bauen, die vor Sonne und Regen geschützt hätten? Für die Staatschefs und die Presse konnte ein Pressebalkon vom Feinsten gebaut werden? Wegen des Naturschutzes? Der Pressebalkon war bisher auch nicht hier und wird wieder abgebaut. Auch dass die Kräfte nach der letzten Nachtschicht vor der Heimfahrt erst mal schlafen müssen, also das Hotel länger gebucht werden muss, hätte man vorher wissen können. Was musste in der Nacht, nachdem die Gäste weg waren noch bewacht werden? – die Bäume? Da hätte man andere Lösungen finden können und die Polizistinnen und Polizisten früher entlassen.)

Immer wieder war es wichtig sich auf die veränderte Situation einzustellen. Und das ist auch gelungen. Beispielsweise wenn ein Staatsgast spontan entscheidet vor dem Frühstück um einen Bergsee joggen zu wollen und dafür bei ca. 500 Polizistinnen und Polizisten der Zeitplan erheblich durcheinandergerät.

Es war und ist nicht immer einfach nachzuvollziehen warum etwas so geplant worden ist, oder so durchgeführt werden musste. Die Abteilungs-, Hundertschafts-, Zug- und Gruppenführer mussten das ihren Kräften irgendwie erklären. Und das ist auch gut gelungen.
Auch wenn es einfachere, andere Möglichkeiten gegeben hätte (bspw. die Berechtigungsausweise,…) – dann war es halt so.
Ein sicher schöner Tagungsort für die Tagungsteilnehmer; ein sehr herausfordernder, schwieriger, Ort für die Polizistinnen und Polizisten. Mir werden sicher die Stichworte shuttle und Drüsselweg in Erinnerung bleiben.

Gut, dass ein solcher Gipfel erst wieder in sieben, oder wenn wir Glück haben, in acht Jahren, in Deutschland, stattfindet.

Danke, liebe Polizistinnen und Polizisten, sie machen einen guten Job.

Georg Hug

 

Hinzugefügt: 08.07.2015