11. 05. 2022
Polizeipräsident a.D. Harald Schneider referierte zum Thema: rechtsextremistische Verdachtsfälle in Polizeibehörden - was heißt das für das Selbstverständnis und die Verantwortung der Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft.
Harald Schneider wurde zum Mitglied einer Expertenkommission der Polizei in Hessen und dann vor ca. anderthalb Jahren zum Integritätsbeauftragten berufen. Ausgangspunkt waren die rechtsextremistischen Chats, die bei Polizistinnen und Polizisten gefunden wurden und die Vorgänge um NSU2.0.
Für ihn ist die Leitfrage: Ist eine Handlung ethisch moralisch mit dem Beruf des Polizisten, der Polizistin vereinbar. Er ist nicht auf der Suche nach Fehlverhalten; er reagiert nicht (nur) sondern geht von sich aus auf Dienststellen zu und kommt mit den Kolleginnen und Kollegen darüber ins Gespräch für welche Werte und Normen die Polizei steht und wie wichtig es ist diese Werte vorzuleben.
Ihm ist wichtig: Jeder und jede in der Polizei ist gefordert, dass das Vertrauen in die Polizei wieder hergestellt wird. Allerdings ducken sich da einige weg und machen andere verantwortlich. Diese Sicht, dass alle mit beizutragen haben, ist ausbaufähig.
Für Harald Schneider gehört zu Integrität:
Übereinstimmung der eigenen Ideale und Werte mit der tatsächlichen Lebenspraxis.
Reden, Verhalten und Handeln entsprechen dem persönlichen und beruflichen Wertesystem.
Im Außenverhältnis ist die Polizei Garant für Demokratie und Menschenrechte. Sie ist „Hüterin“ der freiheitlich demokratischen Grundordnung.
Für Harald Schneider ist unumstößlich was die Vorsitzende der Expertenkommission im Vorwort zum Abschlussbericht der Arbeit „Verantwortung der Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft“ geschrieben hat: „Die Gesellschaft muss auf die Polizei, auf jede einzelne Polizistin und jeden einzelnen Polizisten, vertrauen können. Wer auch immer um Hilfe ruft, muss sicher sein, dass diejenigen, die kommen, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einstehen.“
Es ist und bleibt die spannende und bedrückende Frage warum niemand mal den Finger gehoben hat und zum Beispiel gesagt hat: Wenn ihr nicht aufhört, gehe ich aus der Gruppe raus, oder gehe ich zum Vorgesetzten.
Da müssen wir darüber reden.
Es gelte an den Themen des polizeilichen Selbstbewusstseins dranzubleiben. Es braucht die regelmäßige berufsbegleitende Bewusstmachung, Sensibilisierung und Besinnung auf Werte und Ideale. Ethische und moralische Ansprüche und Themen müssen Normalität werden.
In der anschließenden Podiumsdiskussion mit den Referenten Schneider, Dr. Dübbers und Kriminaldirektorin Könning unter der Leitung von Polizeiseelsorger Dr. Christian Stenz wurden die Punkte der Vorträge vertieft. Insbesondere die Frage wie Führungskräfte befähigt und entlastet werden können, um ihre Führungsaufgaben wahrzunehmen.
Spannend war auch die Frage, ob die Lehrenden, die Begleitenden sich nicht besser vernetzen müssten, um sich über die Lern- und Studiengruppen auszutauschen und auf Entwicklungen reagieren zu können.
Und wieder wurde betont, dass es wichtig ist auf allen Ebenen entsprechendes Verhalten vorzuleben und nicht zur zu fordern. Die jungen Kolleginnen und Kollegen brauchen auch Vorbilder.
Ein wichtiger Punkt war auch, dass die Polizei Strukturen bietet, in denen sich bestimmte Dinge besser, leichter entwickeln können. Deshalb muss auch auf Strukturen geachtet werden. Das hat Polizei immer wieder abgelehnt. Ausmaße sind nur möglich geworden, weil Strukturen nicht da waren, die verhindert haben; die eher begünstigt haben.